Das Immunsystem ist unser ständiger Begleiter im Kampf gegen Krankheitserreger. Seine wichtigste Aufgabe ist es, körpereigene von fremden Substanzen zu unterscheiden und bei Bedrohung zu reagieren. Funktioniert diese Erkennung nicht einwandfrei, kann es zu überschießenden Reaktionen (Hypersensitivität) auf eigentlich harmlose Stoffe kommen. Die sogenannten Allergien lassen sich nach Coombs und Gell in vier Haupttypen einteilen, die sich in ihren Abläufen unterscheiden. Es können auch Mischtypen auftreten.
Allergien vom Soforttyp sind Überreaktionen auf körperfremde Stoffe, die eine asymptomatische Sensibilisierungsphase voraussetzen. Während dieser Phase des Allergen-Erstkontakts werden spezifische IgE-Antikörper (Immunglobulin E) gebildet. Nach einem zeitlich versetzten Folgekontakt setzen binnen weniger Sekunden bis Minuten Überempfindlichkeitsreaktionen durch spezifische IgE-Antikörper ein. Bei Reaktionen vom Soforttyp (Typ I nach Coombs und Gell) setzt die Bindung des Allergens an diese spezifischen IgE-Antikörper auf der Oberfläche der Mastzellen Signalketten in Gang, die zur Freisetzung von Mediatoren wie Histamin führen. Diese Mediatoren rufen die allergischen Symptome hervor. Wenn Allergiker einem ihrer spezifischen Allergene ausgesetzt werden, reagieren sie mit allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Hautekzemen oder Asthma bronchiale. Es gibt bei Typ-I-Allergien auch Kreuzreaktionen. So können zum Beispiel Personen die auf gewisse Bestandteile von Birkenpollen (sogenannte Komponenten) allergisch reagieren, wenn Sie gewisse Nüsse oder Steinobst gegessen haben. Anaphylaxien – heftige, lebensbedrohliche allergische Reaktionen, z. B. nach Bienen- oder Wespenstichen, treten sehr selten auf.
Typ-I-Allergiker haben häufig ein erhöhtes Gesamt-IgE (Total-IgE) im Serum. Ein erhöhtes Gesamt-IgE ist leider kein Garant dafür, dass man bei der Suche nach einem erhöhten allergen-spezifischen IgE-Titer fündig wird. Wichtig ist auch immer die Anamnese. Auch bei parasitären Infektionen, Immundefekten, HIV-Infektionen oder bestimmten Autoimmunerkrankungen kann das Gesamt-IgE erhöht sein. Auf spezifische Allergene kann man einzeln oder mittels moderner Allergie-Chip-Technologien (z.B. ImmunoCAP™ ISAC™, ALEX® Allergy Explorer) umfassend testen. Beim ALEX²-Allergietest wird mit einer einzigen Blutprobe im Multiplex-Verfahren gegen knapp 300 Allergene getestet. Der ALEX-Test deckt somit in etwa 99% der relevanten Auslöser für Typ-I-Allergien ab. Weitere Laboruntersuchungen, welche die Einschätzung der Schwere einer Allergie und Verlaufs einer Reaktion unterstützen können, sind die Bestimmung von Histamin (Botenstoffe der Mastzellen) im Plasma sowie dem Eosinophilen Kationischen Protein (kurz ECP) und der Tryptase im Serum.
Moderne Behandlungen wie die Hyposensibilisierung (SIT) bieten entsprechende Allergiespezialisten an.
Diese Form der Allergie wird ebenfalls durch Antikörper vermittelt. Verantwortlich sind meist IgG- und IgM-Antikörper. Diese richten sich gegen Antigene auf der Oberfläche von Zellen und Geweben. Es werden das Komplementsystem oder zytotoxische Killerzellen aktiviert und es kommt innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden zur Zytolyse (Zerstörung) körpereigener Zellen. Beispiele für Typ-II-Allergien sind die Blutgruppenunverträglichkeit und manche Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis.
Die Typ-III-Allergie, auch als Immunkomplex-Reaktion bekannt, ist eine spezielle Form der allergischen Reaktion, die durch die Bildung von Immunkomplexen ausgelöst wird. Diese Immunkomplexe bestehen aus IgG-Antikörpern, die an allergieauslösende Fremdstoffe (Antigene) binden. Diese Komplexe dringen in das Gewebe ein, wo sie abgelagert werden und das unspezifische Immunsystem aktivieren. Dies führt zu Zellschäden und allergischen Entzündungsreaktionen. Die Symptome können bereits Stunden oder Tage, manchmal aber auch erst Monate nach der Allergen-Einwirkung auftreten. Beispiele für Typ-III-Allergien sind die sogenannte Farmer-Lunge und die Vogelzüchterkrankheit. Entsprechende Antikörpertestungen zum Nachweis einer Typ-III-Allergie sind verfügbar.
Die Typ-IV-Allergie wird auch zellulär vermittelte Spättypreaktion genannt. Sie ist die einzige antikörperunabhängige Allergie und wird durch sensibilisierte T-Lymphozyten vermittelt. Wenn T-Lymphozyten sensibilisiert sind, werden beim Folgekontakt gegen das Allergen/Antigen Lymphokine freigesetzt, die über eine Makrophagenaktivierung eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Die Symptomatik bei Typ IV-Allergien hängt vom Allergen, von Dauer und Art des Kontaktes sowie vom Organsystem ab, in dem der Kontakt stattfindet. Die Entstehung dieser Allergie kann unbemerkt über Jahre erfolgen. Die Symptome treten ab Ausbildung der Allergie ca. 24 bis 72 h nach Antigen-(Allergen-)Kontakt auf. Zur Diagnose von Typ-IV-Allergien kommt der Lymphozyten-Transformations-Test (LTT) zum Einsatz. Beispiele für Sensibilisierungen vom zellvermittelten Typ (Typ IV-Allergie) sind Kontaktallergien auf Metalle. Mittels LTT kann somit eine Reaktion auf Implantate oder nickelhaltigen Schmuck nachgewiesen werden.
Neben den 4 Allergie-Typen nach Coombs und Gell gibt es weitere Erkrankungen, die mit ähnlichen Krankheitsbildern wie Allergien einhergehen. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik werden diese Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch fälschlicherweise oft synonym verwendet.
Der Körper kann bei einer Intoleranz bestimmte Substanzen nicht oder nicht ausreichend verstoffwechseln, meist aufgrund eines Enzymdefektes. Es kommt zu einer Überempfindlichkeitsreaktion, die je nach Ursache und aufgenommener Substanzmenge unterschiedlich stark ausfallen kann. Bekannte Beispiele sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die Lactoseintoleranz und die Fructoseintoleranz. Zuerst sollte eine genetische Ursache ausgeschlossen werden. Bekannte genetisch bedingte Unverträglichkeiten sind die hereditäre Fructoseintoleranz und die primäre Lactoseintoleranz. Eine vorhergehende genetische Abklärung ist deshalb wichtig, weil bei nachfolgender Diagnostik eine bestimmte Menge des Zuckers konsumiert werden muss und dies z.B. bei genetisch bedingter Fructoseintoleranz zu starken Nebenwirkungen wie Unterzuckerung führen kann. Wenn genetisch keine dieser Formen von Unverträglichkeit vorliegt, kann mittels H2-Atemtest eine Fructosemalabsorption bzw. sekundäre Lactoseintoleranz nachgewiesen werden. Sowohl bei genetisch bedingter Unverträglichkeit als auch einer erworbenen Intoleranz äußert sich der Konsum des betroffenen Zuckers mit ausgeprägter gastrointestinaler Symptomatik wie Bauchschmerzen (zum Teil kolikartig), Blähungen, Völlegefühl, veränderter Stuhlkonsistenz, etc. Die Diagnose anderer Intoleranzen bedarf besonderer Untersuchungs-/Testverfahren. Hierfür dürfen wir auf das Allergiezentrum am Kepler Universitätsklinikum Med Campus III (externer Link) verweisen.
Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die durch eine Überreaktion des Immunsystems auf das Klebereiweiß Gluten bzw. der Unterfraktion Gliadin verursacht wird. Gluten ist ein Protein, das zum Beispiel in Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste vorkommt. Bei der Zöliakie, auch glutensensitive Enteropathie genannt, handelt sich weder um eine (Pseudo)Allergie gegen Weizen bzw. das Eiweiß Gluten noch um eine Intoleranz (diese existieren ebenfalls). Menschen mit Zöliakie sollten keine Lebensmittel essen, die Gluten enthalten, da es den Dünndarm angreift und Entzündungen verursacht. Zöliakie kann nicht mit Medikamenten behandelt werden. Die aktuell einzige Therapiemöglichkeit ist eine lebenslange, glutenfreie Ernährung. Die Diagnose von Zöliakie kann eine Herausforderung sein, da die Symptome der Erkrankung von Person zu Person unterschiedlich sein können und mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können. Die häufigsten Symptome sind jedoch Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen, Gewichtsverlust und Müdigkeit.
Es gibt mehrere Tests, die bei der Diagnose von Zöliakie verwendet werden können. Der erste Schritt ist in der Regel ein Bluttest, der auf Antikörper gegen Gluten im Blut testet. Diese Antikörper werden vom Körper produziert, wenn er auf Gluten reagiert. Es gibt mehrere Arten von Antikörpern, die auf Zöliakie hinweisen können, darunter Anti-Gliadin-Antikörper (GLIA), Anti-Endomysium-Antikörper (EMA) und Anti-Gewebe-Transglutaminase-Antikörper (TGA). Ein positives Ergebnis bei einem oder mehreren dieser Tests kann ein Hinweis auf eine Zöliakie sein. Wenn einer der Antikörpertests positiv ausfällt, sollte eine genetische Untersuchung durchgeführt werden. Bei der genetischen Untersuchung wird mittels einer Blutprobe das HLA-DQ-Molekül genauer untersucht. Dies ist eine Proteinstruktur, welche auf der Zelloberfläche von vielfältigen Zellen des Immunsystems vorkommt. Bei Patientinnen und Patienten, die an einer Zöliakie (auch „Glutenunverträglichkeit“ genannt) leiden, finden sich in mehr als 97 Prozent der Fälle HLA-DQ-Moleküle vom Typ 2 und/oder 8. Daher wird bei Verdacht auf Zöliakie die sogenannte HLA-DQ2&8-Genotypisierung durchgeführt.
Abseits der Labordiagnostik sollte die Diagnose durch eine Biopsie abgesichert werden. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe aus dem Dünndarm entnommen und untersucht. Eine Schädigung des Dünndarms (Zottenatrophie) durch die Einwirkung von Gluten ist ein charakteristisches Merkmal von Zöliakie. Bei Kindern wird bei folgender Konstellation von einer Biopsie abgesehen (lt. ESPGHN Richtlinie):
Eine Selbst-Diagnose oder ein Verzicht glutenhaltiger Lebensmittel ohne ärztlichen Rat kann zu einer Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes führen. Daher ist von einem freiwilligen Verzicht glutenhaltiger Lebensmittel abzuraten. Sprechen Sie bei Verdacht auf Zöliakie mit dem Arzt bzw. der Ärztin Ihres Vertrauens.
Einen Überblick über unsere privaten Leistungspakete unter anderem zum Thema Allergien und Unverträglichkeiten finden sie untenstehend verlinkt.
Alle Informationen stellen die besprochenen Thematiken aus labormedizinischer Sicht dar. Bitte beachten Sie, dass privat in Auftrag gegebene Labortests nicht Teil der gesetzlichen Krankenversicherung sind und sie keinen Anspruch auf Erstattung durch Ihre gesetzliche Krankenversicherung haben. Ob bzw. wie viel Ihnen Ihre private Krankenversicherung (falls vorhanden) rückvergütet, müssen Sie direkt mit der Versicherung abklären. Bei Vorliegen von konkreten Beschwerden empfehlen wir immer eine Ärztin bzw. einen Arzt Ihres Vertrauens aufzusuchen. Genetische Untersuchungen dürfen nur nach entsprechender ärztlicher Aufklärung durchgeführt werden (§ 69 GTG). Für besondere Fragestellungen dürfen wir auch auf das Allergiezentrum am Kepler Universitätsklinikum Med Campus III (externer Link) verweisen.